Eine Woche lang sind sechs pädagogische Fachkräfte aus Ludwigshafen und Altrip in den österreichischen Kindergarten-Alltag eingetaucht und haben Einblicke in die dortige Ausbildung erhalten. Mitgebracht haben sie viele Erlebnisse und etliche Anregungen. Durch den Vergleich wurde ihnen klar: Das Konzept des eigenen protestantischen Kita-Verbunds ist auf der Höhe der Zeit und berücksichtigt stark die Besonderheiten der einzelnen Kinder.
Österreichische Kindergärten genießen den Ruf, eine gute frühkindliche Pädagogik umzusetzen. Umso überraschter war die Gruppe, als Lehrkräfte in der österreichischen Fachschule deutsche Modelle zur Eingewöhnung vorstellten. „Wir machen offensichtlich einiges richtig“, schlossen die Teilnehmenden daraus – ein Eindruck, der sich im Laufe der Woche verstärkte. Gleichzeitig stießen sie auf bemerkenswerte Unterschiede.
Mit von der Partie in Österreich waren Julia Baltes (45 Jahre) aus der protestantischen Kita in Altrip und Patricia Reck (49 Jahre) aus der Kita „Kibitop“ in Ludwigshafen-Maudach. Sie wollten nicht nur über andere Kita-Arbeit lesen oder hören, sondern sie selbst erleben. Deshalb reisten sie mit zwei weiteren Kolleginnen und zwei Kollegen im Oktober ins Murrtal in der Steiermark. Die Gruppe absolvierte ein umfangreiches Programm, lernte drei verschiedene Kindergärten mit unterschiedlichen Konzepten kennen.
Verblüffende Rollenverteilung
Das österreichische Kita-System ist dem deutschen sehr ähnlich, wobei die Kindergärten in der Steiermark personell schlechter ausgestattet sind. Gestaunt haben Patricia Reck und Julia Baltes darüber, dass klar zwischen pädagogischen Fachkräften und Betreuungskräften unterschieden wird. Eine pädagogische Fachkraft – als Elementarpädagogin oder Elementarpädagoge bezeichnet – plant den Alltag in der Kita-Gruppe und ist Ansprechperson für die Eltern. Die Betreuungskraft setzt die Pläne mit der pädagogischen Fachkraft um.
Diese Planungen und Umsetzungen bieten den Kindern teilweise wenig Raum, individuell zu entscheiden, was sie tun möchten. Patricia Reck fühlte sich in frühere Zeiten zurückversetzt. Sie schätzt sehr, dass in den protestantischen Kitas in Ludwigshafen und Altrip die Kinder mitbestimmen dürfen. Gleichzeitig hat sie bemerkt, wie gut geplante Bildungsangebote die Kinder bereichern können.

Die Kinder im Murrtal wachsen in engem Kontakt mit der Natur auf. Julia Baltes und Patricia Reck ist in der Steiermark einmal mehr bewusst geworden, wie gut den Mädchen und Jungen die Bewegung an der frischen Luft tut – und die Begegnung mit Tieren. Auch wenn es rund um ihre Kitas in Ludwigshafen und Altrip weniger Natur und Tiere gibt, wollen beide Erzieherinnen diese Erkenntnis im Hinterkopf behalten. Sabrina Wöhlert, pädagogische Leiterin im protestantischen Kita-Verbund, will daran anknüpfen. „Die Frage lautet: Wie schaffen wir es, dass sich unsere Kita-Kinder noch mehr draußen bewegen“, überlegt sie. Sie denkt zum Beispiel daran, dass Kinder noch öfter auf den Außengeländen toben können.

Ruhig und entspannt beim Bringen und Abholen
Noch etwas hat Julia Baltes und Patricia Reck beeindruckt: Beim Bringen und Abholen waren die Eltern nicht gestresst. Die Atmosphäre beschreiben sie als ruhig und entspannt, was sich spürbar positiv auf die Kinder auswirkte. Das wäre auch in den Verbund-Kitas wünschenswert, meint Frank Wolf, theologischer Leiter des Kita-Verbunds: „Wir werden uns auf den Weg machen, das mit Elternvertretungen und Kitas zu thematisieren.“
Die deutschen Fachkräfte hat begeistert, wie sorgfältig die österreichischen Kinder mit Spielsachen umgehen. Diese Wertschätzung gegenüber Materialien möchte Patricia Reck in der „eigenen“ Kita fördern.
Bestätigung für die eigene Arbeit
Patricia Reck und Julia Baltes fühlen sich durch die Reise in ihrer Arbeit bestätigt. „Wir können individueller auf die Kinder eingehen, sie können bei uns ihre Stärken besser zeigen“, stellt Patricia Reck fest. Bald kommt die ganze „Österreich-Gruppe“ noch einmal zusammen, um das Erlebte auszuwerten.
EU-Programm ermöglicht internationale Einblicke
Der Aufenthalt in Österreich wurde durch das EU-Programm „Erasmus plus“ finanziert. Die Reise richtete sich an Praxisanleiter und Praxisanleiterinnen, die Auszubildende im Kita-Alltag betreuen. Einen anderen Auslandsaufenthalt hatten zuvor pädagogische Fachkräfte unternommen, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hatten. Sie hatten am Jahresbeginn in Antwerpen das belgische Kita-System kennengelernt.
